Interview

Denn zur integralen Planung, die aardeplan in der Baubranche seit Jahren vorlebt, bestehen auffallende Parallelen. Im Zentrum steht nicht nur das Endprodukt sondern vor allem auch der Weg dorthin. ARCHICAD und BIM, das digitale Gebäudeinformationsmodell (Englisch: «building information modeling), sind in diesem Prozess das zentrale Werkzeug. Aber eines stellt Manfred Huber gleich zu Beginn klar: «BIM kann man nicht einfach nur kaufen. Man muss es verstehen und richtig einsetzen.» Dazu gehört auch das Filtern der Informationen– für den Statiker ist nicht wichtig, welche Farbe eine Wand hat. Und der Designer interessiert sich nur in den seltensten Fällen für den konstruktiven Aufbau eines Bauteils.

LOD als roter Faden im Planungsprozess

«Es geht bei uns immer um die Frage, wer wann welche und wie genaue Informationen braucht», erklärt Manfred Huber. Das «Level of developement», «Level of detail» oder «Level of definition» (kurz «LOD») bilden bei aardeplan den roten Faden im Planungsprozess. Darum zeichnen Manfred Huber und sein Team nicht einfach Striche sondern definieren von Anfang an Bauteile. In ARCHICAD lässt es sich sehr einfach zuordnen, ob eine Wand «tragend» oder «nicht tragend» ist, oder ob es sich um eine Aussen- oder Innenwand handelt – die Materialisierung, das Produkt und die Ausgestaltung kommen erst später hinzu. «Die wichtigsten fünf bis sieben Zuordnungen gleich zu Beginn zu definieren, geht mit sehr wenig Mehraufwand, schafft aber einen grossen Mehrwert», so Manfred Huber: «Damit sind der Statiker und der Energiespezialist mit präziseren Informationen bedient, und auch der Kostenplaner hat von Anfang an genauere Grundlagen.» Manfred Huber arbeitet gerne mit Spezialisten zusammen, darum sind für ihn die Schnittstellen sehr wichtig – über «open BIM», wie es in ARCHICAD Standard ist, lässt sich jede andere Spezialsoftware problemlos anspielen und die Resultate der Spezialisten wieder ins Architekturmodell einbauen. «Diese Rückführung zu koordinieren und allfällige Konflikte sofort zu erkennen, ist sehr wichtig», stellt Manfred Huber fest: «Erfolgreich bauen heisst für mich integral planen. Sauber arbeiten lautet das Credo.»

Simulieren statt nachweisen

Bei aardeplan gibt es drei Arten von Teilprozessen: Sequenzielle, parallele und reziproke. Dass letztere immer wichtiger werden, drückt Manfred Hubers stetes Streben nach dem Optimum aus. «Wir müssen vom Nachweis-Denken wegkommen. Das ist Minimalismus, und der reicht im Zeitalter des energieeffizienten Bauens nicht mehr für ein gelungenes Gesamtwerk», philosophiert der aardeplan-Gründer, und weiter meint er: «in meinen Augen werden, speziell im Komfortbereich, Simulationen immer wichtiger. Nur so kann man das bestmögliche Resultat für das angestrebte Ziel erreichen!» Was das Ziel ist (z.B. Minergie-P/A, Minergie-Eco, Minergie?) vereinbart aardeplan mit den Auftraggebern ganz am Anfang, dann entsteht der BIM-Nutzungsplan und daraus gibt es einen BIM-Modellplan sowie einen BIM-Koordinationsplan. Dabei geht es vor allem, aber längst nicht nur um Baufragen: Denn gerade bei energieeffizienten Gebäuden spielt das Nutzerverhalten eine grosse Rolle, und so setzt sich aardeplan systematisch auch mit solchen Fragen auseinander.

Aktueller Stand immer zur Hand

Dank BIMx haben die aardeplan-Architekten am Ort des Geschehens stets den aktuellen Projektstand auf dem Tablet-Computer dabei. «Und am Ende des Bauprozesses übergeben wir der Bauherrschaft zwei Gebäude: das reelle und das virtuelle», schmunzelt Manfred Huber und stellt fest, dass das von den Auftraggebern sehr geschätzt wird: «Für die professionelle Bewirtschaftung ist unser virtuelles Gebäudemodell eine perfekte Grundlage, die im Betrieb vieles vereinfacht. » Er wirft einen Blick auf die schwedischen Möbel und auf sein Smartphone. «Man konnte nicht voraussehen, wie sich die Welt mit diesen Innovationen verändert», schliesst Manfred Huber die Brücke zum Planen: «Und heute, wo die Smartphones völlig etabliert sind, kann man sich kaum mehr vorstellen, wie die Welt ohne diese Dinger funktionieren könnte. Mit BIM ist das für mich genau so, auch wenn das noch nicht alle in der Branche erkannt haben.»

 

Roland Eggspühler, medienschaffender Architekt ETH SIA