Interview

Nach ersten Einblicken einzelner Mitarbeitender in die Welt der Gebäudedatenmodellierung sowie Erfahrungen aus BIM-Pilotprojekten reiste im September 2013 eine Dreierdelegation der OOS AG nach San Francisco und besuchte das CIFE-Institut (Center for Integrated Facility Engineering) der Stanford University. In Kalifornien oder Nordeuropa ist nach BIM-Prinzipien zu planen völlig selbstverständlich, Baueingaben und -bewilligungen laufen über IFC-Daten. Diese Studienreise zu den BIM-Vorreitern bestärkte die Zürcher Architekten, auf dem richtigen Weg zu sein – sie definierten in ihrer BIM-Strategie das Ziel, innert zweier Jahre alle Projektaufträge konsequent als BIM-Planungen umzusetzen, wobei die Nutzungstiefe den Projektkomplexitäten angepasst sein soll. Und Anna Pàl schrieb sich nach der Rückkehr aus San Francisco an der Fachhochschule Nordwestschweiz für das berufsbegleitende CAS Digitales Bauen ein.

Der Norden Europas ist viel weiter

«Wir sahen, was mit BIM heute möglich ist und wollten als Büro diesen Entwicklungsschritt machen, auch wenn BIM in der Schweiz noch nicht allgemeiner Standard ist», blickt Anna Pàl zurück und erläutert: «In der BIM-Logik sind alle Elemente immer klar zugeordnet, und mit jedem Planungsschritt nimmt der Detaillierungsgrad zu». Einfach erklärt, ist ein Zimmer ganz am Anfang ein Volumen, dessen Raum durch Elemente definiert wird – also zum Beispiel durch eine Decke oder eine Wand. Das Wand-Attribut «tragend» oder «nicht tragend» kommt erst später hinzu. Ebenso wie die genaue Dimensionierung und die Zuordnung des Baustoffs oder der detaillierte Aufbau von mehrschichtigen Bauteilen.

Kultureller Wandel

Die gebürtige Ungarin beschreibt BIM als Philosophie, für die es einen kulturellen Wandel bei allen an einem Projekt involvierten Personen und Unternehmen brauche. «BIM kann man nicht in der Woche vor dem Projektstart rasch nebenbei lernen, die Idee dahinter muss man von Grund auf verstehen und innerhalb des Projekts nach den vereinbarten Prinzipien konsequent umsetzen. Dann ist es ein Gewinn für alle Beteiligten, weil man sehr strukturiert und zielgerichtet vorwärtskommt». Anna Pàl betont, dass nicht sie als BIM-Managerin diktiere, wie die Abläufe und Schnittstellen funktionieren, sondern dass es nur dann gut funktioniere, wenn sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und gemeinsam den Rahmen definieren, in dem man zusammen das Projekt entwickeln wolle. Als Architektin plant sie mit ArchiCAD. Als BIM-Managerin koordiniert sie die Modelldaten im Programm Solibri. Darum sei die Testphase für sie immer ein wichtiger Schritt, so Anna Pàl: «Wie die Export-/Importkonfigurationen in den verwendeten Programmen genau eingestellt werden müssen, damit der Austausch klappt, sollte ganz am Anfang der Zusammenarbeit anhand von Musterdaten getestet und festgelegt werden. Dann läuft es bis ans Ende des Projekts reibungslos».

Weniger ist mehr

Der OPEN BIM Ansatz ermöglicht es jedem Projektteilnehmer, mit der für seine Aufgaben optimalen Software zu arbeiten. Der Austausch funktioniert nicht mehr über DWG-Pläne, sondern die Daten werden über die IFC-Schnittstelle ins aggregierte BIM-Modell geladen. Wobei Anna Pàl klar durchblicken lässt, dass in Bezug auf das Koordinationsmodell oft «weniger ist mehr» gelte und sie repetitiv vorkommende Elemente oder typenspezifische Produktdetails grundsätzlich lieber in der ins Modell verlinkten Datenbank platziert sehe. «So kann ich das Gesamtmodell immer schön schlank halten, und alle haben einen guten Überblick. Wenn ich mehr Details brauche, gehe ich ins Architektur-Modell oder schaue im Fachplaner-Modell nach».

Architektin und BIM-Managerin

Bei kleineren Projekten ist Anna Pàl Architektin und BIM-Managerin in Personalunion. Bei grösseren Herausforderungen ergänzt sie als BIM-Spezialistin die planenden Architektur-Kollegen, die sich wie alle anderen am Projekt beteiligten Fachspezialisten in die organisatorischen Vorgaben gemäss BIM-Abwicklungsplan einfügen. Im Zentrum steht viel weniger die Hierarchie als das gelebte Rollenverständnis und das «Miteinander». Anna Pàl schätzt die hohe Transparenz in der Zusammenarbeit und dass sie dank BIM planerische Konfliktstellen viel früher erkennen und damit effizienter ans Ziel gelangen kann. Im Dialog mit den Bauherrschaften ist ihr aufgefallen, dass diese ihre Entscheide im Rahmen einer BIM-Planung viel bewusster treffen und weniger auf bereits Entschiedenes zurückkommen – die BIMx App erlaubt auch Laien, sich ein Bild des Projektfortschritts zu machen. Bauherren finden sich darin sehr gut zurecht und verstehen das Projekt deutlich besser.

 

Roland Eggspühler, medienschaffender Architekt ETH SIA